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Blattwerk – Ein Magazin von Krombacher

26„Jeder Baum hat eine

26„Jeder Baum hat eine spezifischeReaktion auf Trockenheit,spielt eine ganz individuelle Rolleim Wasserkreislauf“schnell kippen. Buchenblätter sind nämlichziemlich dünn. Hohe Temperaturen undviel Sonnenlicht vertragen sie nicht. Natürlichkönnen sich Buchen auch an veränderteBedingungen anpassen. Aber dafürbrauchen sie Zeit. Und diese Zeit habensie nicht. Die klimatischen Verhältnisseändern sich einfach zu schnell. Auf die Bucheallein würde ich deshalb nicht setzen.Welche Faktoren stellen diese Art denn besondersvor Probleme?Es war schon länger bekannt, dass dieBuche nicht gut mit starker Sonneneinstrahlungklarkommt, aber eigentlich galt sie alstolerant gegenüber Trockenheit, Was unsdann überrascht hat, war der Kollaps, dendie Buche bei starker Hitze erlebt. Das wurdeuns erst in den Dürresommern 2018 und2019 klar und hat uns wirklich alarmiert. Undauch die Auswirkungen der Starkregen, dieaufgrund der Klimakrise immer häufiger vorkommen,sind besorgniserregend. Bei unsin Brandenburg haben wir 2023 einen Jahresdurchschnittvon 740 Millimetern pro Quadratmeterverzeichnet, das liegt weit überdem Mittelwert. Das Wasser versickert, wasnatürlich gut für das Grundwasser ist, aber dieBäume gehen von Überfluss zu wochenlangerTrockenheit. In dieser Zeit geraten sie richtigunter Trockenstress.Was können wir tun, um dem Wald zu helfen?Jede Erkenntnis, die wir aus unsererForschung gewinnen, trägt entscheidend zurGestaltung der Wälder und Forste von morgenbei. Ich glaube aber, dass wir noch immer vielzu sehr über den Wald als Ganzes reden – undviel zu wenig über den einzelnen Baum, überdas Ökosystem im Kleinen. Auch innerhalbeiner Art kann es gravierende Unterschiedegeben. Jeder Baum hat eine spezifische Reaktionauf Trockenheit, spielt eine ganz individuelleRolle im Wasserkreislauf. Die Kiefern, dieauf unserer Forschungsstelle im NordostenDeutschlands wachsen, verhalten sich ganzanders als Kiefern in Mitteldeutschland. Undes ist auch nicht so, dass alle Buchen hoffnungslosverdursten. Manche Herkünfte könnenmit Trockenstress wesentlich besser umgehenund die Verdunstung des vorhandenenWassers reduzieren. Das ist total faszinierend –und wir haben keine Ahnung, was genau dieseReaktion auslöst. Um das herauszufinden,bräuchten wir mehr Geld für Gentests unddie Unterstützung von Expertinnen und Experten,um diese Daten nutzbar zu machen.In welchen Baum setzen Sie die meisteHoffnung in Zeiten der Klimakrise?Die Eiche hat eine ziemlich gute Gesamtbilanz.Wegen ihrer rauen Rinde kann bei ihrzwar nicht ganz so viel Wasser den Stammrunterlaufen. Unter der Eiche entsteht abereine gute Menge Grundwasser, weil die belaubtePhase recht kurz ist. Außerdem kommtsie relativ gut mit Trockenheit und Hitzezurecht. Auch die Elsbeere, der Feldahornoder Wildobstbäume könnten in Zukunft einewichtige Rolle für den Erhalt des Waldes unddes Wasserhaushalts spielen. Auch hier gilt: Jedurchmischter der Wald ist, desto besser für dieStabilität des Waldes und des Wasserhaushalts.Was können wir Menschen darüber hinausbeitragen, damit sich die Lage verbessert?Ganz einfach: sparsamer mit Wasser umgehen,dieser kostbaren Ressource mehr Wertschätzungentgegenbringen. Denn die großenMengen, die wir in den letzten Jahrzehnten dennatürlichen Speichern entnommen haben, könnendiese gar nicht so schnell wieder auffüllen.Und was können wir in unseren Wäldern tun,direkt vor Ort?Toleranter sein. Es ist in Ordnung, wennirgendwo mal eine Wasserlache den Weg versperrtoder eine Fläche überschwemmt ist.Seen oder Bäche gibt es ja schließlich nichtüberall. Dabei können Insekten hier brüten,Vögel Nahrung finden oder andere Tiere einesichere Tränke. Wo Wasser ist, herrscht auchimmer Artenvielfalt. Und dieser Reichtum derNatur ist schließlich auch für das Überlebenvon uns Menschen wichtig.Tanja Sanders, 47, studiertezunächst Geografie, bevorsie die Klima-Wachs tums-Beziehungen mongoli scherLärchen wälder erforschte.Danach unterstützte sieAufforstungs maßnahmenin Syrien und untersuchteden Insektenbefall vonBäumen in den SchweizerBergen. Seit 2018 leitetsie den ArbeitsbereichÖko logie und Walddynamikam Thünen-Institutfür Waldökosystemeim brandenburgischenEberswalde

70PROZENT DESNIEDERSCHLAGSgelangen durch die Verdunstung in Nadelnund Blättern zurück in die Atmosphäre1PROZENT DESWELTWEITENWASSERSsteht als Trinkwasser zur Verfügung, mehrnicht – und das, obwohl rund 70 Prozent derErdoberfläche von Wasser bedeckt sind1500KUBIKMETERWASSERträgt ein Hektar Wald durchschnittlichpro Jahr zur Grundwasserneubildung bei50EURO MEHRWERTbietet jeder Hektar Wald, der in einem Wasserschutzgebietliegt, im Vergleich zu einem regulären Stück Wald. EinGrund: Hier ist der menschliche Eingriff beschränkt – unddas zahlt sich auf die Ökosystemleistungen aus2 /3DES TRINKWASSERSder Europäischen Union stammen aus unserem Grundwasser.91 Prozent davon befinden sich in einem guten Zustand, sind alsonicht verunreinigt durch Pestizide oder sonstige Schadstoffe20PROZENT DESNIEDERSCHLAGSim Wald werden in Totholz, Moosen und auf demBoden liegender Laubstreu gespeichert5 8 5 LITERbeträgt die Gesamtverdunstung in einem Kiefernwald proQuadratmeter und Jahr. Das sind 100 Liter mehr als bei einemgleichaltrigen Eichen-Buchen-Bestand3Wasser 27MILLIONENLITER WASSERoder mehr kann ein Hektar Waldboden speichern –allerdings nur dann, wenn dieser intakt ist