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Blattwerk – Ein Magazin von Krombacher

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„24Wald Ohne keinsauberesWasser “Wasser ist ein wichtiges Gut. WissenschaftlerinTanja Sanders erklärt, wie der Wald helfen kann,diese wichtige Ökosystemleistung zu erhalten

Wasser25Interview: Laslo SeydaFoto: Niklas Marc HeineckeNiederschlag, Verdunstung, Versickernund Abfluss: Wasserkreisläufesind komplexe Systeme.Erklären Sie doch bitte einmal den Wegdes Wassers im Wald, Frau Sanders.Geht Regen über einem Waldgebietnieder, benetzen die Tropfen zunächst einmaldie Blätter, Nadeln, Zweige und Äste in denBaumkronen, wie bei einem Regenschirm. Jegrößer die Blattfläche ist, grob gesagt, je dichterdas Blätterdach ist, desto mehr Wasserkann es halten. Das nennt man Interzeption.Wenn nur wenig Regen fällt, verdunstet diesesWasser anschließend wieder, ohne dass esjemals den Waldboden berührt hat.Und wenn der Regen länger anhält?Nach einer gewissen Zeit können dieKronen die Wassermenge nicht mehr halten.Das Wasser tropft dann herab oder läuft inkleinen Rinnsalen den Stamm hinunter. Untenangekommen bleibt ein gewisser Teil inder Strauchschicht, den Bodenpflanzen oderdem Humus gespeichert. Was von diesenSchichten nicht mehr aufgenommen werdenkann, versickert im Erdreich und füllt dort denBodenwasserspeicher auf, aus dem sich dieBäume oder andere Pflanzen mit ihren Wurzelnbedienen. Alles, was die Wurzeln nichtmehr erreichen, sickert dann nach und nachdurch die tieferen Erd- und Gesteinsschichtenins Grundwasser. Die Menge, welche imGrundwasser ankommt, hängt nicht nur vomNiederschlag und dem Boden, sondern auchvon den Baumarten ab. Besonders unter Kiefernfinden wir über Jahre häufig keine Tiefenversickerung.Wäre es für die Bildung von Grundwassernicht besser, wenn es weniger Bäume gäbe,die dem Wasser im Weg stehen?Im Vergleich zu einer Freifläche kommtim Wald in der Tat weniger Wasser am Bodenan, allerdings erfüllt der Wald wichtige Funktionenhinsichtlich der Filterung des Grundwassersund der Wasserrückhaltefähigkeit.Und das heißt was genau?Das Wasser, das auf Waldboden trifft,kann tatsächlich versickern. Bei versiegeltenFlächen oder stark beanspruchten Böden,die schnell gesättigt sind, ist das nicht möglich.Das Wasser staut sich dann auf und suchtsich einen anderen Weg, Hänge hinab, in dieKanalisation hinein. Im Grundwasser landetdavon nichts. Nur weil die Baumkronen imWald den Niederschlag bremsen, kann er konstantim Boden versickern. In hügeligen oderbergigen Regionen verhindert der Wald, dassauf einmal große Wassermassen herabfließenoder irgendwann ganze Hänge abrutschen,weil der Untergrund übersättigt. Dazu kommtnoch die Filterfunktion der Böden.Wie wirkt sich diese Funktion auf die Qualitätdes Wassers aus?In Brandenburg zum Beispiel ist derRegen noch immer relativ sauer, der pH-Wert schwankt irgendwo zwischen Essig undKaffee. Das ist nichts, was wir in unseremGrundwasser haben wollen. Wenn der Regenaber einige Bodenschichten durchlaufen hat,sind die Werte im neutralen, unbedenklichenBereich. Die Bäume und Böden fungieren alsnatürliche Reinigungsanlagen, die auch Stickstoff,Phosphor oder Schwefel aus dem Wasserherausfiltern. Der Wald ist also sehr wichtigfür die Regenwasseraufbereitung und Grundwasserversorgung.Vereinfacht gesagt: OhneWald hätten wir kein sauberes Grundwasser.Auf einem Gelände im brandenburgischenBritz bei Eberswalde forschen Sie genaudazu. Wie sieht Ihre Arbeit konkret aus?Brandenburg ist eine der trockenstenRegionen in Deutschland. Schon im 19. Jahrhundertwurde in und um Eberswalde darangeforscht, wie viel Grundwasser man mitwelchem Waldbestand gewinnen kannund welche Qualität das Wasser hat. Aufunserer Forschungsstelle in Britz wachsenunterschiedliche Baumarten, getrennt nachParzelle oder gemischt auf einer Fläche.Unterhalb der Wurzeln der Bäume, insechs Meter Tiefe, wird das Grundwassergesammelt. Dazu gibt es neun Großlysimeter.Diese sind zehn mal zehn Metergroß, an den Seiten von Gummiwändenbegrenzt und haben unten eine Drainage.Das Wasser wird in einen Ablaufschachtgeleitet, der mit Kippzählern ausgestattetist. Damit können wir messen, unter welchenBäumen wie viel Wasser versickert.Ums Grundwasser steht es ja gerade nichtgut, die Vorräte werden knapper. WelcheBäume eignen sich denn am besten für dieGewinnung neuen Grundwassers?Nadelbäume sind schwierig. Die werfenja ihre Nadeln nicht ab, speichern also ganzjährigdas Wasser in ihnen und verdunstenes auch wieder darüber. Das größte Problemist aber die Tiefenversickerung. Bei geschlossenenKiefernbeständen setzt diese nämlichnach 60 oder 70 Jahren komplett aus. Wenndie Bäume ausgewachsen sind und besondersdicht stehen, lassen sie einfach keinen Niederschlagmehr durch oder saugen die Feuchtigkeitdirekt wieder aus dem Boden. Da entstehtdann überhaupt kein neues Grundwassermehr. In Deutschland, wo nach dem ZweitenWeltkrieg besonders viele Nadelbäumegepflanzt wurden, um schnell viel Holz zu„Nur weil Baumkronen denNiederschlag abbremsen,entsteht ein konstanterAbfluss ins Grundwasser “produzieren, bekommen wir diesen Effektjetzt besonders deutlich zu spüren. Damals hatman einfach ganz andere Prioritäten gesetzt.Also lieber Laubbäume pflanzen?Ja. Zwischen Herbst und Frühling lassendie einfach viel mehr Niederschlag durch.Am besten geeignet sind Arten mit glattenRinden, wie die Buche, die leitet besondersviel Stammwasser nach unten ab. Ein weitererVorteil ist, dass Buchen um sich herumkeine Bodenvegetation zulassen, die auchimmer einen gewissen Teil des Wassers aufsaugtund verdunstet. Grob kalkuliert kannman davon ausgehen, dass bei einer jungenKiefer maximal zehn Prozent des Wassersin der Tiefe versickern und bei einer gleichaltrigenBuche ungefähr zwanzig Prozent.Die Buche ist also besser als die Kiefer?Grundsätzlich ja. Aber die Natur isteinfach komplex, das Gleichgewicht kann