16Madlaine Schwarz-Andreasist eine von 150 Mitar bei -tenden, die an einemWochenende im November2024 Traubeneichenpflanzen. Kälte und Nässemachen der jungen Fraunichts aus. Die Heizwesteunter dem Fleece-Pullihat sie ausgeschaltet. Warmwird ihr beim Buddelnallemal„Die Traubeneiche ist hartim Nehmen. Die Kältemacht ihr wenig aus,Trockenheit auch nicht“ FörsterPhilip Lemke,
Aufforstung17Dagegen will Krombacher etwas tun, imgroßen Stil. Allein im Winter 2024/25 sollenmehr als 400 000 Bäume im Siegerundim benachbarten Sauerland in den Bodenkommen, auf einer Fläche von insgesamt220 Hektar. Ende 2025 sollen es sogarüber eine Million zusätzliche Bäume in ganzDeutschland sein. Sie sollen auch in Hessenund Niedersachsen stehen, in Schleswig-Holstein und in Thüringen. Die Mitarbeiteraktionist also erst der Anfang einer Pflanzkampagne,die das ganze Land umspannt.Eine Katastrophe, direktvor dem KüchenfensterAuf dem Kindelsberg liegen 2500Setz linge bereit, die an diesem Wochenendeauf einer zwei Hektar großen Fläche indie Erde kommen sollen. Die Aufsicht hatunter anderem Philip Lemke vom LandesbetriebWald und Holz Nordrhein-Westfalen.Während der Förster die freiwilligen Helferin ihre Aufgaben einweist, markieren seineKolleginnen und Kollegen die Pflanzplätzeals Orientierungshilfe. Die Männer undFrauen freuen sich über die Abwechslung,die Arbeit im Revier. Selbst Förster, so hörtman raus, sitzen heutzutage die halbe Zeitam Schreibtisch. Auch sie müssen viel koordinieren,dokumentieren, verwalten. Bei Gelegenheitenwie diesen aber könne man dieZukunft des Waldes noch selbst in die Handnehmen, sagt Lemke und teilt ein weiteresBündel Setzlinge aus.Der 39-Jährige hat Forstwirt gelernt,später in Göttingen Forstwirtschaft studiert.Dass sich das Ökosystem Wald durch Klimawandelverändert, habe er zum ersten Malbewusst im Januar 2007 erlebt. Damalsprügelte Orkan „Kyrill“ mit bis zu 225 Stundenkilometerstarken Böen auf Europa ein.Die größten Schäden entstanden in unmittelbarerUmgebung von Kreuztal. Von den37 Millionen Kubikmeter Holz, die „Kyrill“in Deutschland abräumte, entfielen fastelf Millionen Kubikmeter auf das Sieger- undSauerland. „Das war ein ganz übles Gefühl“,sagt Förster Lemke. „Wir wussten gar nicht,wie es weitergehen soll mit dem Wald.“Gründe gab es viele für die Katastropheoder „Kalamität“, wie es Försterinnen undFörster nennen. Das größte Problem aberwaren die Bäume selbst, in diesem Fall: dieFichte. Die wächst schnell, verspricht rascheRendite und wurde deshalb seit Beginn des19. Jahrhunderts in großen Mengen undMonokulturen gepflanzt. In der Forstwirtschaftnennt man sie Brotbaum, zahlreicheArbeitsplätze hängen an ihr. Doch die Klimakrise,die lange Dürrezeiten und hohe Temperaturenmit sich bringt, setzt der Fichteimmer mehr zu. Seit 2018 fällt deswegenauch immer häufiger der Borkenkäfer überdie Wälder her. Der Schaden übersteigt sogarnoch den von Sturmtief „Kyrill“.Das können auch die Mitarbeiterinnenund Mitarbeiter von Krombacher bezeugen,die hier am Hang schuften. MadlaineSchwarz-Andreas, Software-Entwicklerin beiKrombacher, berichtet von ihrem Vater, derVorsitzender im Vogelschutzverein ist undsie früher jeden Sonntag auf ausgiebigeWaldspaziergänge mitgenommen habe. DreiStunden lang habe er ihr jeden Baum erklärt,jedes Tier, das sie sahen oder hörten. Wennsie heute in Dillenburg mit ihrem Hund KodaGassi gehe, sei von diesem Reichtum derNatur nichts mehr zu sehen. Deshalb stehtdie 30-Jährige jetzt hier und ist stolz. An die30 Bäume habe sie gepflanzt, sagt sie, fasteine ganze Reihe den Hang hinauf.Max Falkenberg, 39, ist Mitte 2019 mitder Familie aus Österreich hergezogen, umals Braumeister bei Krombacher zu arbeiten.Das Mittelgebirge komme den Alpen amnächsten, sagt er und zeigt auf Häuser aufder anderen Seite des Tals, wo er anfangswohnte. Die Aussicht von dort sei aber bedrückendgewesen: Vom Küchenfenster ausmusste er mit ansehen, wie der Wald aufdem Kindelsberg nach vielen trockenenAUFFORSTUNGS-GEBIETENach den 400 000Bäumen, die bereitsim Winter 2024/25in die Erde kamen,pflanzt Krombachermithilfe seiner Partnerbis Ende 2025 mindestenseine MillionBäume in Deutschland.Ein Großteil davonsoll in Nordrhein-Westfalen wachsen,weitere Bäume inSchleswig-Holsteinund Niedersachsen,in Thüringen undin Hessen.Sommern mehr und mehr dem Borkenkäferzum Opfer fiel. Auch deshalb packt Falkenbergmit an, zusammen mit dem Nachwuchs.„Dann können die Kids irgendwannsagen: Diesen Wald haben wir gepflanzt.“Der Wald stabilisiertBöden und ÖkosystemeAuch wenn niemand von sich aus dieWörter Klimakrise oder Kipppunkt in denMund nimmt: Die Nachhaltigkeit, oft nur ingroßen Städten ein großes Thema, verfängtauch hier, im ländlichen Kreuztal. „GuteAktion“, hört man immer wieder, wennNachhaltigkeitschef Wolfgang Schötz neueHelferinnen und Helfer begrüßt. Selbst dieveganen Würste gehen gut weg, wundertsich der Caterer am Grillstand, der eigensaufgebaut wurde, damit sich alle stärkenkönnen. Baumpflanzen, das wird allen nachund nach klar, ist körperlich anspruchsvolleArbeit. Aber eben auch: aktive Hoffnung.Entstehen soll der Zukunftswald amKindelsberg aus den zwei Jahre alten Setzlingender Traubeneiche, die Philip Lemkeund sein Team auf einem Pick-up-Truck herangekarrthaben. Etwas mickrig sehen diePflänzchen aus, spindeldürr und mit ihrerHandvoll Blätter. Dafür aber, weiß der Förster,sei die Traubeneiche hart im Nehmen:Für Gebiete, die in Zukunft noch trockenerwerden, sei sie gut geeignet. Und auch die
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